Über Klima sprechen

Über Klima sprechen 31 - (16) Benutze Vergleiche mit anderen Krisen sparsam und zielgenau

Sendetermin 19.01.2024 16:30 bis 16:55
KL S de
Feature/Magazin

In diesem Kapitel lesen Sie: Die Coronakrise wird für viele Menschen auf absehbare Zeit ein zentraler Referenzpunkt im eigenen Leben bleiben. Etliche werden leidvolle Erinnerungen mit ihr verbinden. Gleichzeitig liegen einige Parallelen mit der Klimakrise auf der Hand, und in der Tat kann man aus der politischen und gesellschaftlichen Reaktion auf die Pandemie wertvolle Lektionen und Argumente ableiten.

Es ist deshalb einerseits reizvoll, in der Klimakommunikation auf Parallelen einzugehen, daran zu erinnern oder sogar damit zu werben. Andererseits lauert die Gefahr, negative Erinnerungen zu aktivieren und Gefühle zu verletzen. Man sollte deshalb in dieser Frage sorgfältig abwägen, stets in das jeweilige Publikum hineinhorchen, gemeinsame Erfahrungen und Werte ausloten und unbedingt die psychologischen Faktoren von Sorge und Angst beachten.

Hanbuch S.293

Über Klima sprechen (klimafakten.de)

Zehn Verhaltenstipps von Climate Outreach Schon ganz zu Anfang der Coronazeit hat das Team der britischen Organisation Climate Outreach auf die Frage reagiert, wie Klimakommunikation in Zeiten der Pandemie geht, und einen Ratgeber zum Thema veröffentlicht. Die Basis sind zum einen etliche Studien, die frühere, klimabezogene Krisen betreffen, etwa den Umgang mit den Opfern von Flutkatastrophen. Und zum anderen die Erfahrung des Autor:innen-Teams um Robin Webster und Adam Corner. Das Dokument enthält zehn Erkenntnisse und Ratschläge, die ich hier zusammenfasse:

1. Achten Sie noch mehr als sonst auf Ihr Publikum und das Timing. Hier bündelt sich die von Anderen und mir geteilte Sorge, dass man beim Kommunizieren zu Corona und Klima individuelle Traumata und starke Gefühle aufwühlen kann, die dann alles überdecken. Es ist womöglich eine gute Idee, sich eher über Erfahrungen auszutauschen und irgendwo empathisch anzuknüpfen, als eine eigene Agenda zu verfolgen. Zu erklären, der Klimawandel sei wichtiger als die Coronakrise, verbietet sich.

2. Klimakrise und Klimaschutz bleiben wichtige Themen, werden aber womöglich anders wahrgenommen als vor der Pandemie. Dass die globale Erwärmung eine Katastrophe sei, könnte hohl klingen, aber den Blick auf die nun sichtbaren Bruchlinien der Gesellschaft zu lenken, kommt womöglich besser an als zuvor. 3. Machen Sie soziale Werte zum Thema, besonders die „Ich-überschreitenden“ aus Kapitel

3, also Universalismus und Gemeinsinn. Dazu gehören im Einzelnen Solidarität, Zusammenarbeit, Mitgefühl, Rücksichtnahme und gegenseitige Unterstützung – das haben viele Menschen in der Pandemie gelernt und geschätzt. Solche Werte sind auch in der Klimakrise wichtig, die Corona-Erfahrung bietet also Anknüpfungspunkte. Allerdings zeigt sich auch, dass das Einfordern oder Verweigern von Solidarität Konflikte auslösen kann, die dann schnell eskalieren, wie die Auseinandersetzungen um das Maskentragen oder Impfen belegen.

4. Einschneidende Veränderungen des Lebensstils waren möglich, weil die Pandemie als bedrohliche Ausnahme gesehen wurde. Gleichzeitig sind gerade solche Ausnahmesituationen Gelegenheiten, in denen wir mit Gewohnheiten brechen können, die uns eigentlich schon lange gestört haben. Aus dieser Einsicht ergibt sich der Ratschlag, gemeinsam darüber nachzudenken, welche neuen Verhaltensweisen Vorteile für Gesundheit und Umwelt bieten und welche wir in Zukunft – angepasst an die Zehn Verhaltenstipps Christopher Schrader klimafakten.de Seite 303 Über Klima sprechen. Das Handbuch Kapitel 16: Benutze Vergleiche mit der Corona-Krise sparsam und zielgenau zurück zum Anfang des Kapitels Situation – bewahren wollen, ob nun häufigeres Homeoffice oder Urlaub im eigenen Land.

5. Anstatt nach der Pandemie „zur Normalität zurückzukehren“, sollte das Ziel sein, gestärkt daraus hervorzugehen, in Zukunft widerstandsfähiger zu werden, das neue Wissen für die Vorbereitung auf kommende Krisen zu nutzen, Resilienz zu entwickeln.

6. Erfahrungen der Selbstwirksamkeit in der Pandemie, wo immer möglich, in Optimismus ummünzen. Auch in der Klimakrise lassen sich schließlich Handlungsoptionen finden, die man ergreifen kann, die einen nicht überfordern und die tatsächlich zur Lösung der Probleme beitragen.

7. Individuelles Handeln ist Teil der gesamtgesellschaftlichen Reaktion. Ohne staatliche Maßnahmen hätte die Corona-Bekämpfung nicht funktioniert, aber ohne den Beitrag der vielen Einzelnen eben auch nicht. Genauso ist die persönliche Änderung des Lebensstils ein Teil der systemischen Transformation in der Klimakrise – und man sollte nicht eines gegen das andere ausspielen.

8. Setzen sie auf Themenbotschafter. Auch in der Pandemie gab es Menschen, die besonderes Vertrauen genossen – mit ihnen zu arbeiten, war ja auch in Kapitel

7 ein zentraler Rat in der Klimakommunikation. Gerade die Rolle der Wissenschaft in Politik und Gesellschaft ist in der Coronakrise gestärkt worden. Dennoch mussten Virologinnen und Ärzte in einem Crashkurs lernen, wie hart einzelne Wortführer eine Politik angriffen, die sich auf die Erkenntnisse aus den Laboren und Studien stützt.

9. Fairness zu betonen ist in beiden Krisen wichtig. In der Pandemie ging es – jedenfalls bei uns im reichen Mitteleuropa – erst um den Schutz der besonders gefährdeten alten Menschen, dann um die Gehälter der Krankenpfleger:innen und irgendwann (viel zu spät) um die globale Verteilung der Impfstoffe. Ähnliche Fairness-Debatten gibt es in der globalen wie nationalen Klimapolitik natürlich auch.

10. Bei Bildmaterial gelten die Empfehlungen aus Kapitel 12 für Corona- wie für Klimakrise: Vor allem soll man wirkliche Menschen abbilden, die sich für die Bewältigung engagieren und mit anderen kooperieren. Wenn Fotos Verhaltensweisen zeigen, die Anlass zur Kritik bieten, dann nicht von Einzelnen, sondern von Gruppen. Aufnahmen von Demonstrationen und politischem Protest können die Aufmerksamkeit auf Streit und Uneinigkeit lenken

Information zur Sendereihe

Über Klima sprechen
Das Handbuch zur Klimakommunikation als Sendereihe


Über Klima sprechen ist eine Podcastübernahme mit freundlicher Genehmigung von Klimafakten.de

In dieser Podcastserie wird versucht zu erkären, wie man übers Klima ins Gespräch kommen kann, sodass Menschen zum Handeln motiviert werden. Dazu wurde ein Kompendium mit mehr als 20 Kapiteln veröffentlicht - randvoll mit Grundlagenwissen und Tipps für die Praxis.

Das Handbuch zur Podcastserie: https://klimakommunikation.klimafakten.de/
 
Vor der Podcastfolge berichtet die Plattform 1,5 Graz über aktuelle Entwicklungen aus der Stadt Graz.

Winfried König


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