Best of the Nineties

Nonsens pur in Moll und Dur. So glaubt man wenigstens, wenn man den Texten der Ersten Allgemeinen Verunsicherung nur rein oberflächlich zuhört. In Wahrheit ist Nie wieder Kunst aber eine Gesellschaftskritik mit allerfeinster Klinge, wenn man genauer hinhört. Mitte der 90er hat irgendwie alles angefangen: das Macho-Getue in Diskotheken, Anmachsprüche der plumpesten Art, geltungssüchtige Raserei auf der Autobahn, Hymnen auf die Prograstination, Stalking am Telefon, Ehrenmorde im türkischen Milieu, neonationalsozialistische Gruppierungen - all das sind Themen, die auf "Nie wieder Kunst" angepackt werden, unterlegt mit eingängigen Melodien, einmal im wohlgefälligsten C-Dur, einmal im harmonieheischendsten D-Dur, dann aber auch im bösartigsten E-Moll mit wilden und rockigen Riffs, mit Klamauk und Blödelei als Stilmittel, dazu dem unverwechselbaren und gleichzeitig bitterbösen Charme der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, dem so gut wie niemand widerstehen konnte. Wem Drahdiwaberl zu anarchisch waren und die Schmetterlinge bereits zu altmodisch, der oder die ist so gut wie überhaupt nicht an den Alben der E.A.V. vorbei gekommen.

Die 90er Jahre waren zugleich auch eine gewisse Durststrecke. Die erfolgreichsten Alben sind bereits in den 80er Jahren herausgekommen, die E.A.V. machte Tour um Tour, dann kamen sowohl 1990 als auch 1991 zwei Alben heraus, wobei das "Watumba"-Album das eher durchwachsenere von den beiden war, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Combo eine kreative Schaffenspause brauchte, was hieß, dass Eberhartinger und Spitzer ihr Wohn-Domizil nach Kenia verlegten, um aufs Neue kreativ werden zu können. Mit beachtlichem Erfolg mit Namen "Nie wieder Kunst". Man kehrte mit einem neuen Album und teilweise veränderter Combo Anno 1994 zurück, der Stil hatte sich an den musikalischen Zeitgeist der 90er Jahre angepasst, ohne zu sehr nach Plastiksound zu klingen, so dass man der Marke E.A.V. noch treu bleiben konnte.

Von vielen sicher zu Unrecht unterschätzt, ist "Nie wieder Kunst" ein Feuerwerk an Pointen, die mit feingeschliffener Klinge daherkommen. Und auch hier heißt die Devise: Man muss sich einfach nur drauf einlassen können.